In Österreich nach ganz oben – fast…
Im letzten Jahr war es mit der Zugspitze Deutschlands höchster Berg, in diesem Jahr sollte mit dem Großglockner der höchste in Österreich folgen. Mit recht guter Wetterprognose geht es für uns Mitte September von Köln Richtung Süden. Ziel ist das Bergsteigerdorf Kals am Großglockner. Am frühen Sonntagmittag erreichen wir am Ende der Mautstraße den Parkplatz des Kalser Lucknerhauses. In strahlendem Sonnenschein leeren wir den Kofferraum, checken noch ein letztes Mal unser Material, teilen die Reste unter uns auf und laufen nach einem kurzen Blick auf die Karte los.
Vom Lucknerhaus laufen wir etwa eine Stunde über einen Fahrweg stetig bergauf. Wir erreichen sehr schnell die Baumgrenze. Je karger die Landschaft wird, desto schmaler wird der Weg.
Leider wird das Wetter auch immer schlechter. Es kühlt merklich ab und der Wind frischt deutlich auf. Das macht die Entscheidung leicht, bereits nach eineinhalb Stunden nicht einfach an der Glorerhütte vorbeizusteigen, sondern auf eine warme Stärkung einzukehren. Brettl-Jause, Kaiserschmarren und Gulaschsuppe motivieren uns aber schnell, doch den Anstieg zur Salmhütte anzugehen.
Die Salmhütte, bereits 1799 für die geplante Erstbesteigung des Großglockner erbaut, ist unser Tagesziel. Die Gehzeit von der Glorerhütte ist mit zwei Stunden angegeben. Nach etwa einer halben Stunde kommen wir an eine Weggabelung. Links über einen gesicherten Steig oder rechts durchs Tal? Wir entscheiden uns für den längeren Weg, den gesicherten Steig. Wir haben Zeit genug und versprechen uns eine anspruchsvollere Strecke. Stimmt. Über einen schmalen Steig geht es in einem weiten Bogen um das Tal zur Salmhütte.
Obwohl der Anstieg von rund 750 Höhenmetern in etwa drei Stunden reiner Gehzeit eigentlich ein Klacks ist, freuen wir uns trotzdem auf das Abendessen und unsere Betten. Nach einem sehr geselligen Abend auf der Hütte, wir sind die einzigen Gäste, schlafen wir alle tief und fest. Den Plan, am nächsten Tag direkt bis zum Gipfel aufzusteigen, haben wir wegen des Wetters schon am Abend gestrichen. Der Wetterbericht, welchen uns der sehr hilfsbereite Hütten-Kellner Bernhard präsentiert, sieht wirklich schlecht aus. Also schlafen wir aus, frühstücken und brechen dann in einer Regenpause auf. Noch sieht das Wetter gut aus, leider soll sich das bald ändern.
Das Hohenwartskees, ein kleines Reststück Gletscher immer im Blick laufen wir an der Bergflanke entlang.
Über Unmengen von Schotter geht es am Wandfuß schnell steil bergan und nach etwa einer Dreiviertelstunde erreichen wir den gesicherten Steig auf die Hohenwartscharte. Die Kletterei im zweiten Grad wird durch ein Fixseil gesichert und wir überwinden die etwa fünfzig Höhenmeter zügig. Allerdings wird das Wetter jetzt auch richtig mies. Der Wind frischt deutlich auf, es wird stürmisch und kälter. Auf der Scharte müssen wir einen etwa fünf Meter breiten Grat überwinden, bevor es nur teilweise gesichert auf ein Schneefeld geht. Erschwert wird das ganze durch starken Nebel und Hagel, die Sicht beträgt teilweise unter zehn Meter und wir müssen schreien, um uns zu verständigen. Gut, dass mein Garmin GPSMap uns zuverlässig den Weg weist.
Über den Salmkamm geht es immer weiter bergauf. Zwischenzeitlich können wir einer alten Steigspur folgen, zeitweise verlassen wir uns auf unseren Instinkt und das GPS. Die Sicht ist wirklich mies. Nur manchmal reist die Sicht ein wenig auf und wir können in die Tiefe auf den Gletscher blicken. Wir konzentrieren uns und nach drei Stunden taucht die Erzherzog-Johann-Hütte wie aus dem Nichts auf 3454 Metern vor uns auf.
Erstmal rein in die warme Hütte. Durchatmen. Warme Suppe essen. Dann heißt es warten. Den restlichen Tag verbringen wir am Kachelofen (den der Hüttenwart erst anmacht als wir ankommen. So spät im Jahr und bei dem Wetter ist hier oben nicht viel los) mit Lesen. Auch gemütlich und eine gute Akklimatisation. Pünktlich um 18 Uhr gibt es Abendessen und einen neuen Wetterbericht. Der sagt für den folgenden Tag ein brauchbares Wetterfenster an. Wir gehen früh schlafen. Die Nacht im Matratzenlager ist nicht besonders erholsam. Es ist warm, wir haben fünfzehn Mit-Schläfer und draußen tobt der Sturm.
Am Morgen zeigt der Blick aus dem Fenster nichts Gutes.
Es stürmt immer noch, die Sicht ist auf wenige Meter begrenzt und das Thermometer zeigt minus zehn Grad. Keine optimale Bedingungen, Wir warten noch eine Stunde ab um zu schauen ob der Sonnenaufgang das Wetter etwas in den Griff bekommt. Leider ist dies ganz und gar nicht der Fall.
„Den Berg wird´s schon nicht Wegblasen – Kommts´ halt wieder – pfiat enk!“
Der Hüttenwart als er unsere enttäuschten Gesichter sieht.
Wir entscheiden uns also auch auf Anraten des Hüttenwarts für den Abstieg. Aber auch der hat es heute in sich. Also dick anziehen. erst die dünne Schicht am Körper, dann die Softshell Hose und Jacke, die Isolier-Primaloft-Weste, die Gore-Tex-Schicht, Gamaschen, Klettergurt Helm und Steigeisen und dann raus in die unwirkliche Umgebung. Wir entscheiden uns für den Abstieg durch den Klettersteig. der Einstieg ist schnell gefunden und mit den Steigeisen haben wir auf dem vereisten Untergrund guten Halt. ungewohnt ist es trotzdem.
Der Klettersteig geht steil etwa 100 Höhenmeter bergab bis auf den Kampl Grat. Hier steigen wir auf den Ködnitzkees-Gletscher ab. Der Klettersteig folgt weiter dem Grat.
Wir ärgern uns ein wenig, da der Himmel immer weiter aufreißt. Ein Blick zurück Richtung Gipfel bestätigt aber unsere Entscheidung. Der Gipfel liegt immer noch in dichten Wolken und man kann den Sturm erahnen.
In der Seilschaft steigen wir über den Gletscher ab. Der erste Schritt auf den Gletscher fordert noch mal ein wenig Überwindung. Eine hölzerne Brücke führt über die Gletscher-Randkluft. Der Blick ist atemberaubend, es knackt und wackelt zwar aber die Brücke ist auch nur einige Meter lang. Danach geht es bei 30 bis 40 Grad Steilheit den Gletscher bergab.
Vorbei an tiefen Gletscherspalten steigen wir recht schnell ab. Der Gletscher ist nach einer guten halben Stunde überquert. Am Gletscherabbruch wird es gleich merklich wärmer. Wir entledigen uns der Steigeisen, tauschen Eispickel gegen Teleskopstöcke und steigen eine halbe Stunde zur Stülihütte ab. Nach einem Schiwasser ist aber auch dieser Aufenthalt vorbei und wir steigen über einen immer breiter werdenden Pfad ab zum Lucknerhaus.
Die Entscheidung steht fest: Wir kommen für den Gipfel im nächsten Jahr in jedem Fall wieder!
Nützliches:
- Die Alpenvereinskarte Nr. 40 „Glocknergruppe“ gibt es hier.
- Die .gpx Dateien für die Tour findet ihr hier (Aufstieg bis Salmhütte), hier (Aufstieg bis Erzherzog-Johann-Hütte) und hier (Abstieg)
- Das aktuelle Bergwetter findet Ihr hier.
- Die Packliste für eine Hochtour findet ihr hier.
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