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2.962 Meter – An einem Tag auf Deutschlands Dach und wieder runter

2.300 Höhenmeter, 25 Kilometer Wegstrecke, 15 Stunden – Eckdaten einer langen, anstrengenden, atemberaubenden Tour auf den höchsten Punkt Deutschlands – Die Zugspitze. 

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Der Entschluss die Zugspitze zu besteigen muss für einen bergaffinen Menschen eigentlich gar nicht getroffen werden. Der höchste Berg Deutschlands und eine der beliebtesten (fast) hochalpinen Touren der Alpen strahlen eine ganz eigene Faszination aus. Eine Tour durch die noch dunkle, nasse Höllental-Klamm, die kargen Schrofen-Felder, die bekanntesten Klettersteige der Alpen und Deutschlands letzten Gletscher.

Drei Jahre haben wir nach einen Termin gesucht. Mal hat uns die Arbeit einen Strich durch die Planung gemacht, mal die Arbeit. Dann in diesem September war klar: Das Wetter stimmt, wir haben uns schon Anfang des Jahres Urlaub genommen, die Ausrüstung ist klar  – Nichts spricht mehr gegen eine Besteigung.

Anfahrt:
Samstag Morgen das Auto gepackt und auf nach Garmisch. Eine schier nicht enden wollende Fahrt führt uns zum Campingplatz in Grainau – Direkt am Fuß der Zugspitze. Eine Wegbeschreibung findet ihr hier (Man kommt auch hervorragend mit der Bahn nach Garmisch). Spätestens kurz nach München ist klar: Wir sind unserem Ziel, die Zugspitze jetzt endlich zu besteigen so nah wie nie. Die Vorfreude wächst und kann nur ein wenig durch das Wetter getrübt werden. Leider hängen in den Bergen rund um Garmisch dichte Wolken und kurz nachdem wir das Zelt aufgestellt haben fängt es auch noch an zu Regnen. Wir lassen uns aber davon nicht wirklich beunruhigen, gehen einkaufen, packen unsere Rucksäcke (zur Packliste) und gehen früh schlafen. Immerhin wartet ein langer Tag auf uns – Der Wecker klingelt um 4 Uhr.

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Aufstieg:
Nach einer Nacht im Zelt, welches genau genommen eigentlich etwas zu klein für drei Erwachsene ist, ist das Aufstehen um vier Uhr morgens nicht unbedingt ein Genuss. Der stetige Nieselregen macht das ganze wirklich nicht besser. Wir packen uns warm und regendicht ein, schultern die Rucksäcke und im Licht unserer Stirnlampen laufen wir um 4.30 Uhr los. Der Straße entlang geht es ca. 2,5 km durch Grainau zum eigentlichen Ausgangspunkt der klassischen Zugspitz-Besteigung. Dem Wanderparkplatz in Hammersbach. Von hier geht es durch dichten Wald über immer schmaler werdende Wege steil bergauf. Nach etwa einer Dreiviertel Stunde und den ersten 350 Höhenmetern treffen wir an der Höllentaleingangshütte ein. Tagsüber entrichtet man hier den Eintritt zur Höllentalklamm. Für Nachtschwärmer ist das Drehkreuz zwischen 19 und 6 Uhr offen und es steht eine „Kasse des Vertrauens“ bereit. Tipp: Wer so früh dran ist wie wir sollte im Bereich der Hütte leise sein. Das Hüttenteam schläft direkt am Durchgang und kann schon mal etwas grummelig reagieren wenn es geweckt wird. Die Höllentaleingangshütte markiert, wie sollte es anders sein: Den Eingang zur imposanten Höllentalklamm. Durch Stollen, die zwischen 1905 und 1907, tief in den Fels gehauen wurden und über glatte Holzstege steigen wir weiter bergauf. Leider ist es immer noch stockdunkel und der Regen wird immer stärker. Das Wasser strömt nicht nur tief unter uns durch die Schlucht sondern auch über den Boden und die Wände. Es wird erst besser als wir die Klamm verlassen und im Sonnenaufgang die Höllentalangerhütte, oder besser gesagt die Baustelle erreichen. Die alte, 1893 erbaute Hütte wurde 2013 abgerissen und wird an gleicher Stelle bis Mitte 2016 durch einen Neubau ersetzt. Infos zum Baufortschritt und zur Mitbauaktion findet man hier.

Um kurz nach 7 Uhr passieren wir die Baustelle und laufen durch immer karger werdende Vegetation über die Schrofen des Höllentalferner. Der rot/weiß/rot markierte Weg wird auch hier immer schmaler und steiler. Um 8.00 Uhr stehen wir vor dem ersten Teil eines der bekanntesten Klettersteige Deutschlands. Dem Brett-Leiter-Steigs. Über Stahlstifte geht es erst etwa 12m fast senkrecht bergauf. Ein toller Blick über das Höllental belohnt uns für die ersten drei Stunden des Tages. In leichtem, gut gesichertem Gelände steigen wir ca. eine halbe Stunde durch diesen ersten Klettersteig. Der Weg ist an vielen Stellen so sicher, dass wir auf die Benutzung des Klettersteigsets verzichten und sehr schnell voran kommen. Bewertet ist der Klettersteig durchweg mit A, in kurzen Passagen mit B.

An den ersten Klettersteig schließt sich der „Grüne Buckel“ an. Durch Wiese, welche nach und nach durch Schotter und Geröllfelder abgelöst wird laufen wir weiter. Zwischenzeitlich lässt sich sogar die Sonne am blauen Himmel sehen! Gegen 10 Uhr sehen wir das erste mal den Höllentalferner. Kurz vorm Gletscher machen wir die erste Brotzeit des Tages. In strahlendem Sonnenschein merken wir die letzten sechs Stunden durchaus.

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Frisch gestärkt steigen wir um 10.45 Uhr in unsere Steigeisen und passieren den Gletscher. Beste Schneeverhältnisse, Sonnenschein und gute Ausrüstung lassen uns schnell eine ideale Linie finden und den Gletscher vorbei an imposanten Gletscherspalten schnell passieren. Um 11.15 Uhr steigen wir über die Randkluft und damit in den Haupt-Klettersteig ein.

Der Klettersteig startet in 2.450 m ü.NN. und ist mit einer Schwierigkeit von B eher leichtes Gelände. In der Unteren Hälfte ist er komplett Schneefrei und wir kommen sehr schnell vorwärts. In vielen Bereichen müssen wir gar nicht klettern sondern haben gutes Geh-Gelände. In diesen Bereichen verzichten wir um schneller voran zu kommen auf das Klettersteigset und kommen wieder schnell voran. Wir haben Glück und sind völlig allein in der Wand. Dies ist vermutlich unserer frühen Startzeit und dem schlechtem Wetter am Morgen geschuldet. Allerdings können wir die Aussicht und den Steig so ungestört genießen.

Nach etwas über 500 Klettermetern und ca. zwei Stunden Kletterzeit erreichen wir in strahlendem Sonnenschein 13.15 Uhr den Gipfel in 2.962 m Höhe. Dort ist es dann auch mit dem Alleinsein vorbei. Hunderte Sonntagsausflügler beherrschen die Gipfelplattform.

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Wir kehren im Münchener Haus ein, stärken und mit einem Radler und einer heißen Suppe. Der Regen am Morgen und der starke Wind am Gipfel steckt uns  ziemlich in den Knochen. Um 14 Uhr raffen wir uns auf und machen uns an den Abstieg.

Abstieg:
Beim Verlassen des Münchener Hauses sind wir erstaunt und stellen mal wieder fest wie schnell sich das Wetter in den Bergen verändern kann. Wir treten durch die Tür in dichten Nebel. Die Temperatur ist um locker fünf Grad gefallen. Die Alternative, die Zugspitze mit der Seilbahn zu verlassen kommt aber nicht in Frage. Wir wollen ja die Überschreitung. Also schnell noch ein Softshell unter die Regenjacke und los geht es. Wir haben für den Abstieg die Route über die Westseite gewählt. Der Stopselzieher-Klettersteig ist durchweg mit A bewertet und bereitet uns keine Schwierigkeiten, wenn man davon absieht, dass recht viel Schnee liegt und es dadurch nicht immer ganz leicht ist den richtigen Weg zu finden. Wir verzichten trotzdem auf das Klettersteigset und sind nach ca. zwei Stunden am Ausstieg des Klettersteigs an einem großen Geröllfeld. Hier kommt dann auch wieder Nebel auf, was die Orientierung nicht ganz leicht macht. Wir schaffen es trotzdem und sind um 16.30 Uhr in 2.209 m Höhe an der Wiener Neustädter Hütte. Wir machen noch mal eine Brotzeit, lassen uns Guido mit heißem Kaffee versorgen und brechen um 17 Uhr wieder auf. Der Weg geht jetzt erst weiter über Gerollfelder und steilen Wänden vorbei zügig ins Tal. Um 18.15 Uhr sind wir an der Baumgrenze angelangt. Die letzte Dreiviertelstunde bis zum Eibsee laufen wir entlang einer Skipiste durch den Wald. Langsam merken wir alle den Tag und freuen uns auf eine heiße Dusche und ein ordentliches Abendessen. Der Weg entlang der Skipiste scheint kein Ende zu nehmen. Gegen 19 Uhr haben wir es tatsächlich geschafft. Das Ziel unserer Überschreitung, der Eibsee ist erreicht. Mit dem Bus geht es zurück zum Campingplatz. Nach einer Dusche fühlt man sich direkt wieder wie ein echter Mensch.

Abendessen gibt es im Gasthaus zur Schranne in Garmisch. Hervorragendes Essen in Brauhaus-Atmosphäre belohnt uns für die Strapazen.

Fazit:
Die Zugspitzüberschreitung war eine wunderschöne, abwechslungsreiche, sehr anstrengende, alpine Tour. Ich würde sie so in jedem Fall wieder gehen.

Für weniger trainierte Bergsteiger würde ich allerdings empfehlen, den Abstieg doch mit der Gipfelbahn zu bestreiten. Außerdem lohnt es sich vielleicht bis im Sommer 2016 zu warten und die Besteigung mit einem Tag Pause auf der Höllentalangerhütte zu begehen. 

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