
Traumhaftes Pfingst-Bikepacking durch Belgien
Schon lange plane ich verschiedenste Bikepacking-Touren. Von Nord nach Süd durch Deutschland, Irland, Schottland oder doch irgendwann mal um die Ostsee?! Überall wo ich mich im Netz so umschaue, finde ich so viel Inspiration. Deswegen habe ich mich in den vergangenen Wochen vermehrt mit Ausrüstung beschäftigt und überlegt, was man braucht (und fast wichtiger was man nicht braucht), habe Dinge gekauft, ausprobiert, umgetauscht und probegepackt (eine Packliste gibt es hier). Dann musste man aber auch mal los und wirklich im Einsatz testen. Ein langes Wochenende wie Pfingsten lag da auf der Hand. Eine grobe Vorstellung über eine Route hatte ich schon länger im Kopf. Klar war: Start und Ziel ist mein Zuhause in Köln und es soll nach Belgien gehen.
Also freitags noch ein paar Termine in Köln erledigt – dann das Rad gepackt und los.

Tag 1: Köln – Stolberg – Kelmis
Gefühlt das nervigste an jeder Tour von zu Hause ist die Fahrt aus der Stadt raus. In manche Richtungen nerviger als in andere, aber durch den Verkehr der „autogerechten Stadt“ macht es halt immer nur wenig Spaß. Umso besser, wenn man die Stadt dann einmal verlassen hat. Im linksrheinischen Köln ist der Militärring, beziehungsweise der äußere Grüngürtel eine gute Orientierung. Ist man hier durch, kann es fast nur besser werden.
Ich verlasse Köln in Marsdorf und folge bis Düren erstmal Rad- und Feldwegen Richtung Westen. In Düren verlasse ich dann endlich den Asphalt und fahre über holprige Feld- und geschotterte Waldwege. Hier macht es jetzt richtig Spaß und die Gegend wird immer schöner. Im Meroder Wald muss ich mein Rad dann tatsächlich ein Stück schieben. Der Mountainbike-Trail ist dann doch zu technisch für ein bepacktes Gravelbike. Rund zwei Kilometer später winkt das Restaurant in der Laufenburg aber dafür mit einer Cola, einem Stück Kuchen und einer Tasse Filterkaffee.
Frisch gestärkt, geht es jetzt weitestgehend über geschotterte oder asphaltierte Waldwege. Nach knapp 70 Kilometern führt der Weg auf einen Truppenübungsplatz im Brander Wald. Nach 17 Uhr und an Wochenenden ist das Betreten und Befahren aber gestattet. Wenn der Platz genutzt wird, werden an den Zufahrten zusätzlich rote Flaggen gehisst!
Nach 81 Kilometern passiere ich mitten im Wald einen unscheinbaren Grenzstein. Nur durch ein „D“ und ein „B“ auf einem Granitstein ist hier die Grenze markiert. Von hier geht es jetzt nur noch bergab bis zu meinem Schlafplatz. Den Platz für mein Zelt habe ich über Campspace.com gebucht. Er befindet sich in einem Garten einer Töpferwerkstatt und ist wirklich zauberhaft angelegt. Ich kann das Bad der Werkstatt benutzen, habe Wasser und Strom. Jetzt heißt es Zelt aufbauen und Abendessen kochen. Genug getan für heute.
Tag 2: Kelmis – Liége – Spa – Malmedy – Bütgenbach – Medendorf
Die erste Nacht im neuen Zelt und auf der neuen Luftmatratze habe ich richtig gut geschlafen. Die ersten Sonnenstrahlen sowie die erwachenden Kühe und Hühner auf der angrenzenden Weide wecken mich aber schon früh. Macht aber gar nichts. Der frühe Vogel und so…
Ich koche mir erstmal Kaffee und mein Porridge. Statt auf ein fertig gemischtes Porridge zurückzugreifen, habe ich mir vor der Tour eigene Portionen gemischt. Hierfür habe ich 150g Haferflocken, eine Hand voll Studentenfutter, getrocknete Datteln und einen Messlöffel Protein-Getränkepulver Schoko in Zipper-Beuteln verpackt. Dann einfach Wasser aufkochen, auf die Mischung schütten und 5 Minuten ziehen lassen. Wer mag schneidet sich noch einen frischen Apfel dazu oder greift auf getrocknete Früchte zurück.
Dann wird das Zelt abgebaut und alles wieder auf dem Rad verstaut. Meine Tests und Überlegungen im Vorfeld scheinen sich gelohnt zu haben. Ich bekomme alles problemlos und zügig wieder in den Taschen verstaut, sodass ich schon um kurz nach acht wieder auf dem Rad sitze und durch das menschenleere Kelmis rolle. Selbst die Kühe links und rechts des RAVeL 37 scheinen noch zu schlafen. Ich folge dem Weg bis Welkenraedt und anschließend geht es vorwiegend über super ausgebaute Radwege nach Clermont. Hier stoße ich auf den RAVeL 38. Er führt mich bis ins Zentrum von Liége. Von hier folge ich dem Lauf der Ourthe. Der Radweg führt die ganze Zeit separat von der Straße teils geschottert, teils asphaltiert durch das schöne Tal. Trotz Pfingstwochenende und wahrem Traumwetter ist hier nichts los. Schön für mich. Kurz bevor ich nach 65 Kilometern in Méry die Ourthe verlasse und die ersten wirklichen Anstiege bevorstehen, kehre ich in Tilff zum zweiten Frühstück ein. Man muss ja auf die Energieversorgung achten!
Die Energie aus einem superleckeren Sandwich und einem Cappuccino (mit Sahne gemacht 😂) kann ich dann aber auch wirklich brauchen. Direkt hinter Méry geht es auf etwas mehr als 6 Kilometern mit einer durchschnittlichen Steigung von 5% schon ganz ordentlich bergauf. Die Landstraße ist aber fast gar nicht befahren, und dass es fast nur durch den Wald geht stört gar nicht. Die Sonne gibt heute alles.
Bis nach Spa geht es dann die ganze Zeit über Radwege durch Wälder und über Felder weit ab von großen Straßen immer mal wieder rauf und runter. Wirklich steil wird es aber immer nur auf kurzen Stücken. Nach einer Cola und einem vorzüglichen Eclair in der hübschen und ziemlich belebten Altstadt von Spa geht es erst dem RAVeL 44 folgend über 15 Kilometer stetig bergauf bis nach Hockai. Von hier geht es erstmal wieder über kleine Nebenstraßen nach Malmedy. Hier stoße ich erst auf RAVeL 45 der dann später in RAVeL 48 übergeht. Der Vennbahn- und Vennquerbahn-Radweg ist einer der längsten Bahntrassenradwege Europas und führt mich mit moderaten Steigungen und schönen Rollpassagen vorwiegend über Felder, entlang des Büttgenbacher Sees in die Ausläufer des Hohen Venns. Die Landschaft ist einfach toll und lässt mich fast vergessen, dass ich zu dem Zeitpunkt an dem ich meinen Zeltplatz erreiche – eine Wiese in Medendorf -, bereits rund 155 Kilometer mit 1.800 Höhenmetern in den Beinen habe. Ich lasse erstmal mein Rad auf die Wiese fallen, werfe mich daneben und mache eine Pause in der Sonne. Die Dusche, eine Dose Bier von meinen Zeltnachbarn geben mir wieder genug Energie um mein Zelt aufzubauen. Mein Abendessen (Nudeln in Pilz-Rahm-Sauce und Rindfleisch) sorgt dann aber auch für die Bettschwere. Es ist zwar erst acht Uhr, aber ich bin einfach froh zu liegen. Vielleicht muss ich bei der nächsten Tour doch den Kindle mit in eine Packtasche stecken…
Bevor ich die Augen schließe, checke ich aber noch mal die Wetter-App und treffe aufgrund der schlechten Aussichten mit einem weinen Auge die Entscheidung, nicht noch zwei Tage weiter zu fahren, sondern bereits am nächsten Morgen den Heimweg nach Köln anzutreten. Der Wetterbericht und die Regenradar-Vorhersage verkünden nämlich 48 Stunden Dauerregen. Wenn das nicht sein muss, muss es eben auch nicht sein.















Tag 3: Medendorf – Blankenheim – Bad Münstereifel – Euskirchen – Köln
Der Wetterbericht hält leider was er verspricht. Mein Wecker klingelt um sieben Uhr. Ich öffne das Zelt und die dicken, dunkelgrauen Wolken hängen Tief über dem nahen Wald. Es schreit förmlich Regen! Also schnell raus aus dem kuscheligen Schlafsack. Keine zehn Minuten später fängt es auch schon an zu tropfen. Zum Glück ist das meiste zu diesem Zeitpunkt schon wasserdicht in meinen Ortlieb-Taschen verpackt. Lediglich die Zeltplane bekommt ein paar Tropfen ab.
Anschließend mache ich mir erstmal in Ruhe Frühstück. Ich trinke meinen Kaffee, esse mein Porridge – ich habe es nicht unbedingt eilig raus in den Regen zu gehen.
Von Medendorf geht es jetzt durch mehr oder weniger starken Regen über Feld- und Wirtschaftswege durch das Hohe Venn in die Eifel. Bis auf Kühe am Wegesrand und Rehe die im Wald gleich mehrfach direkt vor mir den Weg kreuzen. ist die Landschaft wie leergefegt. Es ist aber so schön, dass ich fast den Regen vergesse. Es ist ja zum Glück auch nicht kalt.
Es schadet aber auch nicht, dass ich nach rund 45 Kilometern bei einem Freund in der Nähe von Blankenheim zum zweiten Frühstück einkehren darf. Als ich mittags weiterfahre, hat es sogar doch aufgehört zu regnen. Allerdings soll sich das im Laufe des Tages auch noch ändern. Von Tondorf bis kurz vor Bad Münstereifel fahre ich jetzt wieder über geschotterte und geteerte Wald- und Wirtschaftswege. Die Landschaft hier ist echt wunderschön und aufgrund des Wetters treffe ich auch hier fast niemanden.
Von Bad Münstereifel wollte ich dann eigentlich dem Erft-Radweg bis Weilerswist folgen. Leider wurde der durch die Flut im Juli 2021 fast vollständig zerstört. Eine Umleitung ist auch nicht ausgeschildert. Da ich in dieser Region aber auch öfter mit dem Rennrad unterwegs bin, fahre ich quasi nach Gefühl nach Hause (den Rest macht mein Wahoo). In Hürth hat mich die Realität des Stadt-Chaos wieder eingeholt. Hier wird B265 inklusive Auffahrt zur A4 gerade neu gestaltet. Fahrräder sind in der Verkehrsführung der Baustelle scheinbar vergessen worden. Ich wurschtle mich durch und bin froh, noch kurz vor dem nächsten Wolkenbruch zu Hause anzukommen.




Alles in Allem war das Wochenende aber ein erfolgreicher Test für mein Equipment. Die Route hat mir gut gefallen und ich weiß jetzt schon, dass ich unbedingt bald wieder los muss!
Alle drei Etappen habe ich in eine Komoot-Collection zusammengefasst und veröffentlicht. Viel Spaß beim Nachfahren!
Die Unterkünfte habe ich bei Campspace.com gebucht. Hier bieten Privatpersonen Zeltplätze und auch Stellplätze für Camper oder Wohnwagen für einen kleinen Betrag an.
Eine Übersicht über das Radwegenetz in Belgien „RAVeL“ (das ist die Abkürzung für Réseau Autonome de Voies Lentes, also „unabhängiges Netz langsamer Wege“) findet Ihr hier.